Öffentliche Grünfläche der Kreisverwaltung Landkreis Vulkaneifel im ersten Jahr
Grünland ist mit das landschaftsbildprägendste Biotop unserer Vulkaneifel. Neben intensiv genutzten Vielschnittwiesen, finden wir in unserem Naturraum auch noch artenreiches Grünland. Die vielfältigen Blütenmeere auf grünem Grund lösen bei den meisten Betrachtern Bewunderung aus. Im Kontrast dazu stehen die innerörtlichen Rasenflächen. Hier ist der kurzgehaltene und regelmäßig „sauber“ gemähte Rasen das, was von vielen Menschen erwartet wird. 
Dabei verbirgt sich gerade hinter diesen Flächen ein riesiges ökologisches Potential. Man stelle sich einfach mal vor, wenn alle Flächen, insbesondere öffentliche Grünflächen, die keiner wirklichen Nutzung unterliegen (sog. „eh-da“-Flächen) weniger intensiv gepflegt würden. Das Siedlungsbild würde diverser und bunter. In der Siedlung fänden sich kleinere artenreiche Wiesen als Pendant zu den größeren Grünlandbiotopen in der freien Landschaft. Menschen würden sich an bunten Farbtupfern erfreuen, könnten das Summen und Zirpen der Insekten genießen und die Tiere hätten großräumig Rückzugsorte sowie Wanderkorridore, um sich untereinander zu vernetzen und um zu anderen Lebensräumen zu gelangen.
 
Öffentliche Grünfläche der Kreisverwaltung Vulkaneifel an der Kreisbibliothek im Mai 2022 © Dr. Hendrik Albrecht
 

Die „extensive“ Wiesenpflege macht‘s

Dabei muss es nicht immer die artenreiche Flachland-Mähwiese mit 30 Pflanzenarten und mehr sein. Alleine durch die Reduktion der Mahdhäufigkeit können höherwüchsige Pflanzen zur Blüte gelangen. Viele Lebewesen, insbesondere Insekten, erfahren eine spürbare Erleichterung, da mehr Nahrung zur Verfügung steht, sie leichter von Lebensraum zu Lebensraum wandern können und sich untereinander vernetzen können. 
Sind die technischen Voraussetzungen gegeben, können Rasenflächen analog zu den landwirtschaftlich genutzten Mähwiesen zweimal im Jahr gemäht werden („Heumahd“). Durch diese sogenannte extensive Pflege, kann sich allmählich eine artenreiche Wisse entwickeln. Auch wenn solche Flächen für den einen oder anderen Menschen als unordentlich erscheinen mögen, bedeuten solche Flächen für unzählige heimische wilde Tiere und Pflanzen das Paradies auf Erden.
 

Ökologische Bedeutung von Wiesen

Artenreiche Grünlandbiotope gehören zu den Biotopen mit der größten Biodiversität in Europa. Pro Pflanzenart können acht bis zehn Tierarten auftreten, sodass Wiesen z. B. eine Vielzahl an Insektenarten beherbergen. Neben schillernden Tagfaltern (Schmetterlingen), finden sich hier unterschiedlichste weitere, nicht immer auffällige, blütenbesuchenden Insekten wie Wildbienen, Schwebfliegen, Wespen und viele mehr. Meist etwas im Bereich der Blätter und Stängel versteckt, sind Käfer und Heuschrecken beheimatet, wobei letztere an sonnigen Sommertagen nicht zu überhören sind. Im und am Boden lassen sich ebenfalls diverse Käfer und deren Larven oder auch Ameisen entdecken. Neben den Insekten finden sich in Wiesen zahlreiche weitere Tierarten; von Regenwürmern über Spinnen bis hin zu Eidechsen, Mäusen Kaninchen und viele mehr. 
Dort, wo es viele Insekten und andere Beutetiere gibt, sind deren Jäger nicht weit. Die Räuber-Beute-Beziehungen sind ebenso vielfältig wie das Artenspektrum selbst. Insekten jagen andere Insekten, Vögel jagen Insekten im Flug oder sammeln deren Larven von Pflanzen ab, um ihre Junge füttern zu können. In der Nacht jagen Fledermäuse dann nachtaktive Insekten. All das kann auch auf größeren Siedlungsflächen beobachtet werden, wenn die Voraussetzungen stimmen und der Natur etwas Raum gegeben wird. Die Natur findet sich dann wort-wörtlich direkt vor der Haustür.
 

Klimatische Bedeutung von Wiesen

Neben der biologischen Bedeutung kommen artenreichen Wiesen insbesondere auch im Hinblick auf den Klimaschutz eine nicht zu unterschätzende Bedeutung zu. Wiesen unterstützen die Rückhaltung von Regenwasser und zusätzlich „bremsen“ hochwüchsige Wiesen den Niederschlag ab. Entsprechend kann solchen Flächen auch im Zusammenhang mit Starkregenereignissen eine durchaus wichtige Rolle zukommen. 
Durch den hohen Aufwuchs in Wiesen, kann Wasser länger gespeichert werden, da der Boden nicht so schnell aufheizt. Entsprechend fungieren solche Flächen auch ein Stück weit als Wasserspeicher und können dazu beitragen, dass kurze Dürrperioden besser überbrückt werden können. Gleichzeitig transportieren Pflanzen Wasser aus tieferen Schichten des Bodens, welches dann an Blattoberflächen verdunstet (sog. Transpiration der Pflanze). Hierdurch wird die Umgebungstemperatur gesenkt und die Frischluftproduktion angekurbelt. Insbesondere im stark versiegelten Siedlungsbereich können hochwüchsige Wiesen so als natürliche Klimaanlagen wirken.
 

Maßnahmen

1. Umstellung der Pflege von bestehenden Wiesen - Extensivierung (Maßnahme erster Wahl)  
  • Wahl einer möglichst insektenschonenden Mahdtechnik, wobei auf Mulchen verzichtet werden sollte
  • Reduktion der Mahdhäufigkeit mit dem Ziel: 2-mal jährlich, sogenannte Früh-Spätmahd 
  • Erste Mahd zur Gräserblüte (Merkmal: Margaritenblüte) ~ Anfang bis Mitte Juni
  • Zweite Mahd ~ Anfang September
  • Mahdgut auf der Fläche trocknen und aussamen lassen
  • Madhgut immer abräumen
  • Altgrasstreifen oder -inseln als Rückzugs- und Überwinterungsorte stehen lassen
2. Neuanlage bzw. Initialpflanzung (Maßnahme zweiter Wahl)
  • Abtragen der alten Grasnarbe, Wurzel-„Unkräuter“ absammeln, Umgraben
  • Sand untermischen ca. 2-5 cm dicke Schicht
  • Feinkrümeliges Saatbett herstellen („Streuselkuchen“)
  • Regionales Wiesensaatgut nach Herstelleranleitung ausbringen und anwalzen
  • Fläche in den ersten Wochen, bis zum Keimen feucht halten
  • Ggf. „Schröpfschnitt“ im ersten Jahr
  • Ab dem 2. Jahr extensive Pflege (siehe 1.)
  • Optional: Zusätzliches Anpflanzen von heimischen Wiesenstauden beschleunigt die Entwicklung der Wiese 

Weiterführende Literatur und Links

 

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